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Ein Weg, der die wissenschaftliche Entwicklung beeinflusst hat


Professor Stefan Hell erhielt den Familie-Hansen-Preis von Bayer, bevor er zum Nobelpreisträger gekürt wurde.

„Meine Faszination dafür, etwas zu tun, das die wissenschaftliche Entwicklung beeinflussen konnte, war größer als meine Angst, mittellos zu enden.“

 

Beitrag und Interview von Krysia Sommers

 

Mozart starb mittellos. Van Gogh verkaufte zu Lebzeiten angeblich nur ein Gemälde. Und die Auswirkungen von Einsteins Relativitätstheorie wurden erst 100 Jahre nach ihrer Veröffentlichung bewiesen. Diese drei Persönlichkeiten – zu Lebzeiten Querdenker – gehören heute zweifelsohne zu den bedeutendsten Komponisten, Malern und Wissenschaftlern.

 

Das liegt zum Teil an den brillanten Menschen, die Jahrhunderte später erkannten, dass sie im Werk dieser unerkannten Meister einen wahren Schatz gefunden hatten und entschlossen waren, die richtungsweisende Relevanz ihrer Arbeit zu beweisen.

 

Mozart starb mittellos. Van Gogh verkaufte zu Lebzeiten angeblich nur ein Gemälde.

Professor Stefan Hell ist heute einer dieser brillanten Menschen. Er stieß auf einen wissenschaftlichen Artikel, der 1874 von einem visionären Unternehmer und Optiker namens Ernst Abbe geschrieben worden war. Fast 150 Jahre später wollte Professor Hell herausfinden, warum Abbe die These aufgestellt hatte, dass die Auflösung eines Mikroskops sich mit der Lichtwellenlänge verändert, und warum man dies als gegeben hingenommen hatte. Durch seine intensive Forschung hat der Physiker aus Göttingen die Lichtmikroskopie revolutioniert. Seine Entdeckungen haben zu einer neuen Klasse von Mikroskopen geführt, die wesentlich tiefer in die molekulare Skala des Lebens vordringen können.

 

Der ehemalige Bayer-Forschungsvorstand Dr. Wolfgang Plischke sagte: „Professor Hell hatte den festen Glauben, die von Abbe gefundene Beugungsgrenze bei Lichtmikroskopen brechen zu können. Mithilfe physikalischer Verfahren und fluoreszenter Moleküle hat er eine scheinbar unüberwindliche Grenze überschritten und etwas erreicht, das heute die medizinische und biologische Forschung revolutioniert.“

 

Im Jahr 2011 erhielt Professor Hell von Bayer in Anerkennung seiner Entdeckung den renommierten Familie-Hansen-Preis. Drei Jahre später wurde ihm der Nobelpreis für Chemie verliehen.


Können Sie Ihre Entdeckungsreise beschreiben – einschließlich der schwierigen Zeiten und wie Sie diese bewältigt haben?

 

Vor zwanzig oder dreißig Jahren klang es noch fast undenkbar, die Auflösungsgrenze nach Abbe durchbrechen zu wollen. Die Auflösungsgrenze war Lehrbuchwissen sowie eine unumstrittene Realität und Alltag in Tausenden von biomedizinischen Laboren. Darüber hinaus war sie Anlass dafür, dass Physiker im 20. Jahrhundert die Elektronen- und Rastersondenmikroskopie entwickelten. Als 25-jähriger Student fand ich die Vorstellung sehr verlockend, den wahnwitzigen wissenschaftlichen Versuch zu machen, mich über das Abbesche Gesetz hinwegzusetzen. Zum Ersten hatte noch nie jemand wirklich an diesem Problem gearbeitet. Da ich mich an so ein unkonventionelles Thema herangewagt hatte, konnte ich dem Hamsterrad entgehen, das in etablierten Bereichen der Wissenschaft gang und gäbe ist. Zum Zweiten fand ich es spannend, an etwas zu arbeiten, das andere für unmöglich gehalten hatten. Natürlich war ich nicht sicher, ob meine Ideen überhaupt funktionieren würden. Andererseits war es sehr faszinierend und auch bereichernd, Risiken einzugehen und die Grenzen des menschlichen Wissens zu verschieben. Mein ungewöhnliches wissenschaftliches Ziel und meine ersten Schritte zur Überwindung der Auflösungsgrenze stießen gelinde gesagt auf Unglauben. Aus diesem Grund waren mein persönlicher und beruflicher Weg anfangs für geraume Zeit ungewiss. „Jedoch war meine Faszination dafür, etwas zu tun, das die wissenschaftliche Entwicklung maßgeblich beeinflussen könnte, größer als meine Angst, mittellos zu enden.“
 

„Es war sehr faszinierend und auch bereichernd, Risiken einzugehen und die Grenzen des menschlichen Wissens zu verschieben.“


Professor Stefan Hell, Nobelpreisträger
 

Fünf Fragen an Professor Stefan Hell

 

Was wäre heute Ihr Rat an junge Wissenschaftler, die erpicht darauf sind, eine vor langer Zeit vorhergesagte Theorie zu beweisen?

 

Theorien und Wissenschaftler kommen und gehen. Die Regeln der Natur sind jedoch für die Ewigkeit. Deshalb ist es immer vernünftig infrage zu stellen, ob man etablierte Theorien als gegeben hinnehmen sollte.

 

Wie können Wissenschaftler oder Unternehmer wissen, ob sie auf dem richtigen Weg sind?

 

Die Wahrheit ist, dass sie es nicht wissen können. Sie können nur auf der Basis von Intuition und früheren Erfahrungen Vermutungen anstellen. Mein persönlicher Rat ist, dass Menschen, die ein ehrgeiziges Ziel verfolgen, häufig und unvoreingenommen Realitätschecks durchführen sollten. Es ist unabdingbar, sich selbst zu fragen, ob das Ziel wirklich erreichbar ist und festzustellen, ob es unabhängige externe Faktoren wie laufende technologische Fortschritte gibt, die verwirklicht werden müssten, bevor das Ziel erreicht werden kann. Manchmal erweisen sich die Dinge als weniger schwierig als auf den ersten Blick angenommen, vorausgesetzt, man betrachtet diese Probleme mit wachem Geist. Wissen kann dazu verleiten, sich im Detail zu verlieren und dabei das große Ganze aus dem Auge zu verlieren. Ich würde sogar behaupten, dass Unwissen äußerst hilfreich sein kann, weil das Vorwissen dahingehend, was schief gehen kann, entmutigend und letztlich auch irreführend sein kann.
 

„Mein persönlicher Rat ist, dass Menschen, die ein ehrgeiziges Ziel verfolgen, häufig und unvoreingenommen Realitätschecks durchführen sollten.“


Professor Stefan Hell, Nobelpreisträger
 

Was sind aus Ihrer Sicht drei Schlüsselfaktoren für den Erfolg wissenschaftlicher Forschung?

 

Die menschlichen Faktoren sind bei weitem die wichtigsten: Ehrgeiz, intellektueller Nonkonformismus und der Drang, die Welt so zu sehen, wie sie ist.

 

Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach die Wissenschaft, um – getreu unserer Vision „Health for All and Hunger for None“ – eine Welt zu schaffen, in der alle Menschen Zugang zu Gesundheitsversorgung haben und niemand Hunger leiden muss?

 

Ich denke, die Rolle der Wissenschaft ist bei diesen Anstrengungen wirklich entscheidend. Letzten Endes hat ja der wissenschaftliche Fortschritt dazu beigetragen, die Welternährung sicherzustellen, und es uns ermöglicht, länger und gesünder zu leben. Zu guter Letzt ist der sogenannte ‚gesellschaftliche Fortschritt‘ nichts anderes als ein Nebenprodukt des wissenschaftlichen Fortschritts, der sich entsprechend auf natürliche Weise entwickelt hat.
 

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